Künstliches Enzym schafft 700 Reaktionen pro Sekunde

ETH-Forscher stellten ein k¨¹nstliches Enzym her, das mit seinen nat¨¹rlichen Verwandten in puncto Durchsatz locker mithalten kann. Die Erkenntnisse k?nnten dazu beitragen, schneller neue Enzyme zu entwickeln.

Vergr?sserte Ansicht: Künstliches Enzym
Das neu geschaffene Enzym (gr¨¹ne Struktur) setzt hoch effizient ein Modellsubstrat (kugelige Struktur in Bildmitte) um. (Bild: Labor f¨¹r Organische Chemie/ETH Z¨¹rich)

Forscher aus der Gruppe von Donald Hilvert vom Laboratorium f¨¹r Organische Chemie (LOC) an der ETH Z¨¹rich haben in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern vom California Institute of Technology (Caltech) das bisher effizienteste k¨¹nstliche Enzym hergestellt. Wie die Forscher in ihrer soeben in ?Nature? erschienenen Publikation berichten, kann das neu geschaffene Enzym 700 Substratmolek¨¹le pro Sekunde umsetzen. Im Vergleich mit der Natur schneidet es damit ausserordentlich gut ab: Die Triosephosphatisomerase, ein besonders schnelles nat¨¹rliches Enzym, schafft in derselben Zeit 430 Molek¨¹le.

Computerdesign und ?gerichtete Evolution?

Das Ausgangsmaterial f¨¹r das neu geschaffene Enzym war eine Xylanase, ein Enzym, das nat¨¹rlicherweise Zucker spaltet. Seine Form ?hnelt einem oben und unten offenen Fass. Die Forscher ver?nderten sein Innenleben so, dass das Enzym neu eine komplett andere Reaktion ausf¨¹hrt. ?Wie eine Fabrik, die stehen bleibt und auf die Herstellung eines v?llig anderen Produkts umgestellt wird?, erkl?rt Rebecca Blomberg, Erstautorin der Studie und ehemalige Doktorandin am LOC.

Die Grundlage f¨¹r den Umbau des Enzyms lieferten die Forscher vom Caltech: Sie entwarfen am Computer einen Enzym-Prototypen, der die ?Kemp-Elimination? beherrscht, eine Modellreaktion, bei der ein Substratmolek¨¹l durch das Entfernen eines Protons ver?ndert wird. Das nach der Vorlage der Caltech-Wisschenschaftler mit Hilfe von Bakterien hergestellte k¨¹nstliche Enzym funktionierte zwar auf Anhieb, allerdings verarbeitete es nur ein einziges Substratmolek¨¹l pro Sekunde.

Die ETH-Wissenschaftler unterzogen den Enzym-Prototypen deshalb im Labor einer sogenannten ?gerichteten Evolution? mit dem Ziel, seinen Durchsatz zu steigern. In 17 Durchl?ufen ver?nderten sie es sowohl zuf?llig als auch gezielt, testeten die Effizienz, w?hlten in jeder Runde die jeweils besten Kandidaten aus und verbesserten sie in der n?chsten Runde weiter. ?Im Prinzip funktioniert das ?hnlich wie bei der Hundez¨¹chtung?, sagt Hajo Kries, Doktorand am LOC und Mitautor der Studie.

Effizienz dank optimaler Struktur

Doch die Forscher konnten nicht nur zeigen, dass es mit der Kombination von Computerdesign und k¨¹nstlicher Evolution im Labor m?glich ist, ein derart effizientes k¨¹nstliches Enzym herzustellen. In Zusammenarbeit mit Forschern des Biochemischen Instituts der Universit?t Z¨¹rich bestimmten sie zus?tzlich dessen genaue Struktur. Dadurch k?nnen sie im Detail erkl?ren, warum das neu geschaffene Enzym seine Aufgabe derart erfolgreich bew?ltigt.

Entscheidend ist offenbar, dass das aktive Zentrum des Enzyms, wo das Substrat bearbeitet wird, so gut zum Substrat-Molek¨¹l passt ?wie ein Handschuh an die Hand?. Es kann darin nur eine einzige Position einnehmen. In dieser ist es sowohl was den Winkel als auch den Abstand betrifft optimal zur katalytischen Gruppe ausgerichtet, also zu derjenigen Seitenkette des Enzyms, die die Ver?nderung am Substratmolek¨¹l durchf¨¹hrt. Ausserdem unterst¨¹tzt eine von den Forschern zus?tzlich eingebaute katalytische Gruppe die Reaktion. Auch sie hat genau die richtige Ausrichtung zum Substrat.

Beliebige Enzyme herstellen

?Der Traum ist nun, in Zukunft nach dem gleichen Prinzip Enzyme f¨¹r beliebige Reaktionen herstellen zu k?nnen?, sagt Blomberg. Nat¨¹rlich vor allem solche, die in Medizin und Industrie eingesetzt werden k?nnten.
Kries schaut noch etwas weiter in die Zukunft: ?Wenn wir dem Computer das beibringen k?nnten, was wir bei der Evolution im Labor gelernt haben, dann ist es vielleicht irgendwann m?glich, direkt am Computer Enzyme mit derart hoher Effizienz zu entwickeln.? Dies w¨¹rde die Entwicklungszeit von mehreren Jahren auf einige Monate verk¨¹rzen.

Literaturhinweis

Blomberg R, Kries H, Pinkas DM, Mittl PRE, Gr¨¹tter MG, Privett HK, Mayo SL, Hilvert D: Precision is essential for efficient catalysis in an evolved Kemp eliminase. Nature, published online 16 October 2013, doi:externe Seite10.1038/nature12623

?hnliche Themen

Forschung

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert